Was bedeutet eigentlich "Sea Level Flug"?
Der Luftdruck in der üblichen Reiseflughöhe eines Linien- oder Ambulanzflugzeugs (ca. 35.000 bis 45.000 Fuß) ist so niedrig, dass ein Mensch diese Umgebung nur wenige Sekunden lang überleben könnte. Aus diesem Grund verfügen Flugzeuge über eine "Druckkabine", die dem Passagier einen Luftdruck bietet, der dem Aufenthalt auf einem etwa 6.500ft / ca. 2.000 Meter hohen Berg entspricht. Doch selbst dieser - im Vergleich zur Außenluft deutlich höhere- Kabinendruck beeinträchtigt die Sauerstoffversorgung und beeinflusst die Ausdehnung von Gasen im menschlichen Körper.
Aus diesem Grund werden Ambulanzflüge bei bestimmten Krankheitsbildern so durchgeführt, dass der Druck in der Flugzeugkabine nahezu dem Luftdruck auf Meereshöhe entspricht ("Sea Level") und die Auswirkungen des Fluges auf den menschlichen Körper so gering wie möglich gehalten werden. Für die Flugdurchführung bedeutet dies, dass die Reiseflughöhe niedriger als üblich gewählt werden muss (ca. 28.000 ft), da die Druckkabine eines Flugzeugs nur eine maximale Differenz zwischen Innen- und Außenluftdruck zulässt.
Für welche Patienten bzw. Diagnosen ist ein Sea Level Flug sinnvoll?
Eine Abnahme des Luftdrucks führt zu verschiedenen physikalischen Veränderungen im menschlichen Körper. Besonders wichtig ist, dass sich Gase unter verringertem Umgebungsdruck ausdehnen und dort, wo Gase nicht entweichen können, Druck auf das umliegende Gewebe oder Organe ausüben.
Beim gesunden Menschen erfolgt der Druckausgleich über verschiedene Verbindungen, zum Beispiel zwischen Rachen und Innenohr. Bei traumatisierten Patienten finden wir jedoch oftmals durch einen Unfall oder auch durch medizinische Maßnahmen eingeschlossene Luft in Körperregionen, die dort sonst nicht vorhanden ist.
Ein Entweichen auf natürlichem Wege ist dann oft nicht möglich, zum Beispiel im Kopf, im Auge oder im Darm. Typische Beispiele sind Patienten mit Lufteinschlüssen im Schädel oder im Brustkorb (Pneumothorax). Wenn sich diese Luft ausdehnt und nicht nach außen entweichen kann, kann es zu katastrophalen Folgen kommen, die durch umsichtige Planung und genaue Diagnostik vermieden werden müssen. Außerdem verringert sich bei reduziertem Umgebungsdruck das Sauerstoffangebot für den menschlichen Körper. Insbesondere Patienten, die bereits vor dem Flug mit 100% Sauerstoff beatmet werden müssen, würden bei niedrigem Luftdruck in einen gefährlichen Sauerstoffmangel geraten. Für diese Patientengruppen sind Flüge mit einem Kabinendruck „nahe dem Meeresspiegel“ wichtig, um ihre angemessene Sauerstoffversorgung aufrecht zu erhalten.
Was sind Vorteile und Nachteile von Sea Level Flügen?
Wenn wir erkennen, dass ein Transport nur unter "Sea Level"-Bedingungen sicher möglich ist, um eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten oder das Risiko einer Kompression von Gewebe oder Organen durch expandierende Luft zu minimieren, planen wir den Flug entsprechend. Die geringere Flughöhe verringert die Reisegeschwindigkeit, erhöht den Treibstoffverbrauch und führt häufig zu zusätzlichen Zwischenlandungen zum Auftanken.
Es entstehen daher auch höhere Kosten. Auch die Auswirkungen des Wetters sind in geringerer Höhe oft stärker spürbar. Bei jedem Flug ist es letztlich eine gemeinsame Teamentscheidung zwischen der fliegerischen und der medizinischen Crew, um das sicherste und schonendste Flugverfahren für den Patienten festzulegen. Die Patientensicherheit steht bei diesen Entscheidungen immer an erster Stelle.
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